Emotionales Essen: Wie unser Gemüt unsere Ernährung beeinflusst.
Ernährung ist mehr als nur das, was wir essen. Es ist ein Spiegelbild unserer Emotionen, Gewohnheiten und sogar unserer Kindheitserinnerungen. Emotionales Essen betrifft viele Menschen. Im Podcast „Gesund und Gesund“ habe ich mit Prof. Dr. Thomas Kurscheid über das komplexe Thema der Ernährung gesprochen und warum ein stabiles Gemüt oft entscheidender ist als das bloße Zählen von Kalorien.
Hunger oder Appetit?
Jeder kennt es: Der Magen knurrt und der erste Gedanke ist oft: „Ich muss jetzt etwas essen.“ Doch was, wenn wir dieses Gefühl neu interpretieren könnten? Ein echtes Magenknurren kann als Zeichen dafür gesehen werden, dass der Körper beginnt, Fettreserven abzubauen. Intervallfasten, das in den letzten Jahren immer beliebter geworden ist, ist eine gute Methode, um den Körper zu trainieren und ihm gezielte Ruhepausen von der Nahrungsaufnahme zu geben.
Emotionen am Esstisch
Die Unterscheidung zwischen echtem Hunger und bloßem Appetit kann herausfordernd sein. Oft sind es Emotionen, die uns zum Kühlschrank führen und nicht der tatsächliche Hunger.
Emotionales Essen, beispielsweise ausgelöst durch Frust oder Stress, ist ein bekanntes Phänomen. Tatsächlich greifen etwa ein Drittel der Deutschen häufig aus emotionalen Gründen zur Nahrung, statt aus echtem Hungergefühl.
Viele dieser Verhaltensmuster entstehen bereits in der Kindheit. Wer erinnert sich nicht daran, nach einem Sturz ein Trostpflaster in Form von Süßigkeiten bekommen zu haben? Solche Muster prägen sich tief ein und es bedarf Bewusstsein und Arbeit, um sie im Erwachsenenalter zu durchbrechen.
Es hilft dann kurz innezuhalten und sich zu fragen: Was brauche ich eigentlich gerade wirklich? Ist es Essen oder doch eher Aufmerksamkeit? Vielleicht hilft mir gerade ein Telefonat mit einem Freund mehr als der Griff zum Schokoriegel.
Praktische Schritte für ein gesundes Essverhalten
Ein bewusster Umgang mit Nahrung ist der Schlüssel. Das bedeutet, während des Essens Ablenkungen wie Fernsehen oder Smartphone zu vermeiden und sich voll und ganz auf den Geschmack und das Gefühl der Sättigung zu konzentrieren.
Gesunde Snack-Alternativen wie Nüsse oder Gemüsesticks können zudem helfen, ungesunden Heißhungerattacken entgegenzuwirken.
Ein weiterer Tipp: Langsam essen und jeden Bissen genießen. Und wer beim Sport plötzlich von Unterzuckerung geplagt wird, sollte zwar kurzfristige Lösungen wie Traubenzucker parat haben, jedoch ist eine langfristig ausgewogene Ernährung der Schlüssel.
Hunger können wir auch einfach mal aushalten. Wenn wir 2-3 ausgewogene Mahlzeiten am Tag essen, braucht es keine Zwischenmahlzeiten oder Snacks.
Digitale Helfer auf dem Weg zu einem bewussten Essverhalten
Es gibt zahlreiche digitale Hilfsmittel, die uns unterstützen können, bewusster zu essen. Ernährungstagebücher und Apps können dabei helfen, unser Essverhalten im Blick zu behalten. Wenn wir eine Zeit lang unsere Mahlzeiten streng erfassen, lernen wir so wieder ein Gefühl dafür zu bekommen, wie viele Kalorien und Nährstoffe unsere Mahlzeiten haben.
Das Ziel ist es nicht, lebenslang alles zu dokumentieren, sondern Bewusstsein für das zu entwickeln, was auf unserem Teller landet.
Einige fortschrittliche Apps können sogar durch das Fotografieren des Essens die Kalorien und Nährstoffe berechnen.
Auch das Tragen eines Blutzuckermessgeräts kann dazu beitragen, neue Erkenntnisse über die Auswirkungen der Ernährungsgewohnheiten zu erlangen und so zu positiven Änderungen animieren. Dazu empfehle ich eine 4 Wochenkur. In der Zeit kann man sehr gut testen, wie unser Körper auf verschiedene Nahrungsmittel reagiert. Wir sollten in dieser „Kur“ lernen, unseren Blutzuckerspiegel auch bei Nahrungsaufnahme nur sanft ansteigen zu lassen und sogenannte „Blutzuckerspitzen“ zu vermeiden.
Darüber hinaus können Entspannungs- und Meditationstechniken, die oft durch Apps unterstützt werden, helfen, Stress abzubauen, der oft zu emotionalem Essen führt.
Stress bewältigen, statt ihn zu essen
Stress ist oft der Auslöser für emotionales Essen. Daher ist es wichtig, Strategien zu entwickeln, um mit Stress umzugehen. Techniken wie Meditation oder gezielte Atemübungen, wie das Einatmen für 4 Sekunden, gefolgt von einem 7-sekündigen Ausatmen, können wahre Wunder wirken.
Ein positiver Umgang mit Stress, wie zum Beispiel durch Sport, kann zudem helfen, negative Bewältigungsstrategien zu vermeiden. Viele gönnen sich nach einer besonders stressvollen Situation erstmal etwas Süßes oder ein alkoholisches Getränk. Zum Stressabbau können wir aber auch zu den Joggingschuhen greifen und erstmal eine Runde durch den Park laufen. Und fühlen uns danach sicher besser, als nach dem Griff zur Chipstüte.
Ein stabiles Gemüt und ein bewusster Umgang mit dem eigenen Körper und den eigenen Emotionen der Schlüssel zu einem gesunden Essverhalten sind. Es ist ein fortwährender Lernprozess, aber es lohnt sich für die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden. Alte Angewohnheiten zu ändern, ist ein langwieriger Prozess der einiges an Geduld mit sich selbst erfordert.
Hinweis: dieser Text entstand aus dem inspirierenden Gespräch im Podcast “Gesund & Gesund” mit Prof. Dr. Thomas Kurscheid. Hier können Sie die ganze Folge anhören.