Emotional Leadership – mal rational betrachtet

Veröffentlicht: 10. Februar 2019Kategorien: Führungskommunikation

In den 90er Jahren machte Daniel Goleman mit seinem Werk »Emotionale Intelligenz« Furore. Der Begriff wurde übrigens gar nicht von ihm, sondern 1990 vom amerikanischen Psychologen John D. Mayer und dem Sozialpsychologen Peter Salovey eingeführt. In den letzten Jahren ist es um das Thema etwas ruhiger geworden. Merkwürdig, wie ich finde, denn der Bedarf an emotionaler Intelligenz ist höher als je zuvor. Warum ist das so?

Hierfür lohnt ein kurzer Blick auf die Grundzüge des Konzepts. Es hat nämlich nichts – wie oft fälschlicherweise interpretiert – mit weichgespülter Gefühlsduselei im Geschäftsleben zu tun. Gerade in der sogenannten »Babyboomer«-Generation wurden Emotionen im Business einfach ignoriert und man wähnte sich in dem Irrglauben, dass die Rationalität unsere Berufswelt prägt.

Emotion beeinflusst Entscheidungen
Die heutigen Kenntnisse der Neurowissenschaft zeigen allerdings das genaue Gegenteil: 95 % aller unserer Entscheidungen werden emotional gefällt und hinterher rationalisiert. Entscheidungen – insbesondere, wenn sie unter Zeitdruck getroffen werden müssen – werden vom Stammhirn übernommen. Unser Großhirn als rationale Schaltstelle wäre dazu schlicht zu langsam. Sobald die Entscheidung gefällt ist, hat das Großhirn genügend Zeit, sich ganz schlaue Erklärungen zurechtzulegen, wie es zu der Entscheidung kam.

Der amerikanische Psychologe und Wirtschaftsjournalist Daniel Goleman prägte dazu den Satz „You feel, before you think“ und erklärte, warum man gut beraten ist, seine Emotionen nicht zu ignorieren, sondern zu erkennen und zu kontrollieren. Sein Konstrukt baut auf fünf Pfeilern auf, von denen drei auf das Selbst und zwei auf die Mitmenschen gerichtet sind.

Zur Erinnerung

  1. Eigene Emotionen erkennen und analysieren
  2. Eigene Emotionen kontrollieren
  3. Eigene Emotionen zielgerichtet als Motivationsfaktoren für das eigene Tun einsetzen Kurz gesagt: Analysieren – Kontrollieren – Nutzen
  4. Gefühle anderer erkennen und analysieren (Empathie)
  5. Gefühlslage der anderen in die Gestaltung der Beziehung einbeziehen

In Bezug auf unsere heutige Geschäftswelt möchte ich drei Faktoren herausgreifen, die Emotionale Kompetenz erfordern:

Kommunikation
In der digitalen Welt wird die Kommunikation von Mails, SMS, WhatsApp und anderen elektronischen Medien beherrscht. Umso wichtiger ist es daher, öfters einmal inne zu halten – und mit emotionaler Kompetenz zu überlegen, welche Qualität von Nachrichten man elektronisch übermitteln kann und was die Nachrichten beim Empfänger auslösen.

Vertrauen
Fehlendes Vertrauen in Führungskräfte ist gemäß zahlreicher Studien der entscheidende Faktor, der mangelnde Identifikation der Mitarbeiter mit Unternehmen, geringe Motivation und innere Kündigung mit all ihren Konsequenzen begründet. Nur mit emotionaler Führungskompetenz ist es möglich, dieses Vertrauen von den Mitarbeitern zu gewinnen. Dazu zählt sicher wertschätzende aber vor allem wahrhaftige Kommunikation. Sagen Sie Ihren Mitarbeitern viel öfter mal die Wahrheit, auch wenn sie unbequem ist. Das wird weitaus mehr geschätzt und mit Vertrauen honoriert als das große Schweigen. Lesen Sie dazu gerne auch meinen Blog über Mitarbeitermotivation.

Werte
Die »Babyboomer« sind in der Reifephase ihrer Schaffenskraft und neue Generationen übernehmen die Führungsverantwortung. Dabei prallen ganz verschiedene Wertesysteme und Kommunikationskulturen aufeinander. Auch hier ist es sehr zu empfehlen, sich in die Gedanken- und Gefühlswelt des jeweils anderen einzufühlen, damit man Verhaltensweisen und Reaktionen besser versteht und sinnvoll mit ihnen umgehen kann.

Aus meiner Sicht wird es nun Zeit für eine Wiederbelebung und Weiterentwicklung des Konzeptes der Emotionalen Intelligenz. Der erste Schritt könnte sein, die Begrifflichkeit zu verändern: Sicher reden wir hier nicht von einem Bestandteil der Intelligenz, denn während Intelligenz eine hohe erbliche Komponente hat und nur in Maßen veränderbar ist, sollten wir eher von einer emotionalen Kompetenz reden, die man in der Tat sehr gut trainieren kann.

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