Fitness Apps: Lifestyle oder Digitale Gesundheitsanwendung

Veröffentlicht: 31. Mai 2021Kategorien: Medizin der Zukunft

Die Fitnessstudios waren lange Zeit geschlossen und die gesundheitsbewussten Menschen suchten alternative Möglichkeiten um ihre Fitness zu erhalten oder zu verbessern. Gleichzeitig werden digitale Gesundheitsanwendungen erstattungsfähig. Da schlug die Stunde der Fitness Apps. Freeletics ist einer der führenden Anbieter und hat inzwischen über 50 Millionen User. Ich unterhielt mich mit dem Kommunikationschef Hermann Aulinger über die Möglichkeiten und Grenzen des Trainings mit diesen Apps.

Hermann Aulinger (40) ist bei Freeletics für die Unternehmenskommunikation zuständig. Als ehemaliger Leistungssportler hat er sich über die Jahre intensiv mit den Themen, Gesundheit, Rehabilitationssport, Ernährung und Fitness auseinandergesetzt.

Interview mit Kommunikationschef Hermann Aulinger von Freeletics

Warum ist Freeletics aus Ihrer Sicht eine besondere Fitness App?

Es sind drei Aspekte und Alleinstellungsmerkmale, die in Kombination die Freeletics App besonders machen.

  • Zum Ersten unterscheidet ein hoher Grad an Personalisierung unser Produkt von anderen digitalen Angeboten. Kein Nutzer bekommt das exakt gleiche Training wie der Andere. Unsere App verfügt über eine KI, einen Algorithmus, der das Training an die Wünsche, Vorlieben und auch an die Leistungsfähigkeit unserer Nutzer anpasst. Die Anpassung erfolgt kontinuierlich und zwar auf Basis von aktivem und passivem Feedback der Nutzer. So stellen wir sicher, dass der Trainingsplan perfekt auf die Ziele und auf das Können der User angepasst wird und das Training weder zu einfach noch zu schwierig ist. Zusätzlich haben wir mit der Funktion „Session anpassen“ den Usern die Möglichkeit an die Hand gegeben, das Training selber anzupassen. Sie haben heute wenig Zeit? Kein Problem. Sie müssen im Wohnzimmer trainieren, leise sein und haben wenig Platz? Die KI passt das für Sie an. Die für heute vorgesehene Einheit sagt Ihnen nicht zu? Dann schlägt der Algorithmus eine andere vor. Und vielleicht am wichtigsten – Sie haben Muskelkater oder wollen aus einem anderen Grund einen Körperbereich aussparen? Dann können Sie auch das anpassen.
  • Der zweite Aspekt ist, dass, obwohl es sich um eine digitale Community handelt, sich weltweit Millionen von Nutzern verbinden, motivieren und unterstützen und sich gegenseitig zum Offline-Gruppentraining treffen. In der App kann man sehen, wo sich Free Athletes, so nennen sich unsere Nutzer, treffen und gemeinsam trainieren. Das ist allerdings kein Muss, sondern eine Option, die man nutzen kann, oder eben nicht, wenn man lieber allein trainiert.
  • Der dritte Aspekt, der uns von anderen Angeboten unterscheidet, ist der Plattformgedanke, der die App flexibler als andere macht und für jedes Fitnessziel und jedes Fitnesslevel etwas bietet.
Freeletics Fitness App

Freeletics Fitness App

Ist Freeletics eine Lifestyle App oder hat sie das Potenzial zu einer Gesundheitsanwendung?

Wir sehen uns tatsächlich als beides. Allerdings ist unsere App durchaus fordernd und hat keinen Reha-Charakter. Außerdem kann eine App eben nicht beurteilen, ob man dafür fit genug ist, deswegen empfehlen wir jedem, der sich nicht sicher ist, das Thema mit einem Arzt zu besprechen. Eine Kooperation im Bereich Medizin/ Orthopädie haben wir aktuell nicht geplant. Der Gesundheitsaspekt von Freeletics hat dementsprechend eher vorbeugenden Charakter. Die Vision von Freeletics ist es Menschen zu motivieren zu ihrer besten Version zu werden. Das bedeutet für uns nicht nur einen fitten oder sportlichen, sondern auch einen gesunden Lebensstil zu führen.

Es geht nicht um ein Beachbody Workout für den Sommer, sondern darum, langfristig und nachhaltig gesunde Routinen und Handlungsweisen zu entwickeln und so ein gesünderes Leben zu führen. Darauf sind auch unsere Trainingsprogramme ausgelegt und zusätzlich bekommen unsere Nutzer durch die App Mental Coaching zu gesundem Schlaf, Stressreduktion und anderen Themen, die positiv auf einen gesunden Lebensstil einzahlen. Wer möchte, kann sich außerdem noch unsere Nutrition App dazubuchen, die mit verschiedenen Rezepten und Ernährungsplänen bei einer gesunden Ernährung hilft.

Bieten Sie Leuten im Fitnessstudio eine Alternative oder sprechen Sie andere Zielgruppen an?

Freeletics ist mit Sicherheit ein Alternative zu Fitnesstudios aber nicht ausschließlich. Viele Menschen möchten sich gerne bewegen und haben außer der gängigen und auch richtigen Idee Laufen zu gehen, keine Alternativen. Egal welches Ziel man mit der Bewegung verfolgt, fitter werden, Stress abbauen, stärker oder schneller werden oder auch Gewicht zu reduzieren oder Muskeln aufzubauen, für alle diese sehr unterschiedlichen Ansätze bietet unsere App Lösungen, die man je nach Sportvorliebe auf sich anpassen kann.

Nehmen Sie zum Beispiel jemanden der für einen Halbmarathon trainiert oder jemand der einfach gerne fitter und beweglicher werden oder es bleiben möchte, beide Personen werden bei Freeletics ein für sie passendes Trainingsprogramm finden. Konkret haben wir Nutzer zwischen 18 und über 70 Jahren, Männer wie Frauen und sowohl Anfänger als auch erfahrene Athleten, die mit unserer App trainieren.

Ihre App arbeitet ausschließlich mit Eigengewicht. Ist das eine Philosophie oder ein Entwicklungsschritt?

Unsere App kann, muss aber nicht ausschließlich mit dem Eigengewicht arbeiten und ja, da steckt eine Philosophie dahinter. Nämlich die Annahme, dass die erste Hürde, die jeder nehmen muss, um einen gesunden Lebensstil zu führen, die Überwindung ist, überhaupt mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren. Deswegen kann man Freeletics nur mit Eigengewicht machen, auf kleinstem Raum, leise und dabei auch noch verschiedene Körperpartien aussparen.

Denn es ist immer besser ein bisschen Bewegung zu etablieren als auf dem Sofa zu sitzen. Aber man kann je nach Vorliebe das Training mit verschiedenem Mikroequipment aufpeppen, Klimmzugstange, Widerstandsbänder, Faszienrollen, Sprungseil usw. lassen sich mit vielen Übungen automatisiert integrieren. Außerdem kann man verschieden Laufeinheiten einbauen oder auch Trainingspläne auswählen, die klassisches Studioequipment beinhalten.

Eigengewichtstraining

Eigengewichtstraining

Bei welchen Athleten oder Zielen empfehlen sie Training mit Gewichten im Studio?

Training mit Gewichten, also der klassischen Langhantel, ist technisch anspruchsvoll und birgt dementsprechend auch potenziell ein höheres Verletzungsrisiko. Zudem liegt hier der Fokus besonders auf Muskel- und Kraftaufbau. Diese Art von Training, egal ob im Studio oder zu Hause richtet sich damit an Athleten mit dem Fitnessziel Muskelaufbau und eignet sich vor allem für Sportler, die schon durch Training mit dem Eigengewicht oder im Studio mit Maschinen eine Grundfitness und Stärke haben.

Zusätzlich braucht es, um Muskelmasse aufzubauen, auch eine entsprechende Ernährung. Anfänger werden nach sechs bis zwölf Wochen Training mit dem Eigengewicht deutliche Verbesserungen der Fitness, der Beweglichkeit und Stärke feststellen, ganz ohne, dass Sie Gewichte bewegen oder komplizierte Bewegungsabläufe mit Equipment absolvieren müssen.

Wie steigert freeletics das Pensum entsprechend Zielen und Entwicklungsstand des Athleten?

Unser Trainingsdesign wird von einem Team aus Sportwissenschaftlern und Trainern entworfen und konzipiert, die dann zusammen mit den Entwicklern dafür sorgen, dass diese Training Journeys in die App implementiert werden.  Das nennen wir eine human augmented AI, also ein KI, die von Menschen kontrolliert wird. Die Training Journeys sind so konzipiert, dass das Pensum zunimmt. Wie stark und wie schnell das passiert, hängt davon ab, wie die Fortschritte und die persönliche Weiterentwicklung der Nutzer aussehen.

Nach jeder Einheit wird die nächste Einheit an das User-Feedback angepasst. So steigert die KI Schritt für Schritt die Intensität. Durch die menschlich/ wissenschaftliche Komponente stellen wir sicher, dass die KI sich nicht selbstständig macht. Auch wenn man der KI immer sagen würde, dass das Training zu einfach ist, stellen die in der Trainingjourtney hinterlegten Grenzwerte sicher, dass das Training in sinnvollem Rahmen bleibt.

Die Bewegungsabläufe sind teilweise komplex. Sind Apps nur etwas für Fortgeschrittene?

Grundsätzlich kann jeder, der gesund ist, unsere App sinnvoll nutzen. Die einzelnen Exercises werden sehr detailliert erklärt, und es gibt zu jeder Übung Videos aus drei Perspektiven, damit man sich vorher die Ausführung ganz genau ansehen kann. Zusätzlich bekommen Anfänger Training Journeys empfohlen, die weniger komplexe Übungen mit geringerer Intensität beinhalten. Dafür haben wir in der App spezielle Trainingsprogramme, wie Start Strong, Fit for Life und Express-Workout, die langsam an die Bewegungsabläufe heran führen und die Grundlagen des Eigengewichtstrainings vermitteln.

Welche Einwände gegen Ihre Trainingsmethoden hören sie häufig und was sind Ihre Antworten darauf?

„Eine App kann keinen Personaltrainer ersetzen“ und „eine App korrigiert mich nicht, wenn ich etwas falsch mache“, sind die beiden häufigsten Kritikpunkte. Beide sind korrekt, gehen aber an der Thematik vorbei. Wir versuchen nicht mit der App den Personaltrainer abzuschaffen. Aber nur die wenigsten Menschen können sich eine Eins- zu -Eins Betreuung leisten. Trotzdem brauchen sie Anleitung, Motivation und möglichst auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Trainingspläne. All das kann unsere App leisten und kostet dabei etwa so viel wie eine Tasse Kaffee pro Woche.

Und zum Kritikpunkt der Kontrolle: die meisten Menschen trainieren auch in Studios oder zuhause nicht nur ohne Kontrolle, sondern ohne jede Anleitung. Wie oben beschrieben, geben wir sehr genaue Anweisungen an die Hand und vermitteln Wissen. Zusätzlich kann sich jeder, der sich dafür interessiert, auf unserem Blog tiefer in verschiedene Themen zu Fitness, Training, Ernährung und Regeneration einlesen, komplett kostenlos. Beide Kritikpunkte sagen nur aus, „eine App ist kein Mensch“, das ist korrekt, aber wird letztendlich der Problematik nicht gerecht.

Sportliche Betätigung lebt häufig vom Gemeinschaftsgefühl. Wie motiviert Freeletics dauerhaft dabei zu bleiben?

Motivation ist ja immer ein Zusammenspiel aus intrinsischen und extrinsischen Beweggründen. Also einmal Einflüsse, die von meinem Umfeld auf mich einwirken und Impulsen, die aus mir selbst heraus entstehen. Wir versuchen beide Aspekte zu unterstützen. In unserem Produkt gibt es ein Level-System und Abzeichen, die man für absolvierte Meilensteine, wie zum Beispiel die Beendigung eine Training Journey bekommt. Zusätzlich versuchen wir unseren Athleten durch Statistiken und regelmäßigen Auswertungen ein Gefühl für die eigenen Erfolge zu vermitteln.

Das können sowohl quantitative Erfolge, wie das Absolvieren eine Anzahl an Wiederholungen oder Übungen sein, aber auch qualitative Erfolge, wie das Erlernen einer neuen, komplexen oder schwierigen Übung. Zusätzlich können sich unsere Nutzer über die App mit Freunden oder Gleichgesinnten vernetzen und ihre Erfolge teilen, auch via Facebook, wenn sie das möchten. Die Freeletics Community ist eine von unserer Firma weitgehend unabhängige, weltweite Gruppe von Menschen, die gemeinsam trainieren, wer diese Community nutzen möchte, kann das auch offline tun und wird herzlich aufgenommen. Wie schon erwähnt, ist das aber komplett freiwillig und unabhängig von der App.

Was ist Ihre Vision von Fitness Apps in 5 Jahren?

Wir möchten unseren Nutzern helfen, einen langfristigen gesunden und nachhaltig fitten Lebensstil zu etablieren und dauerhaft beizubehalten. Dazu ist es nötig, Fitnessroutinen zu etablieren, die zu dem jeweiligen Lebensstil passen, sonst fällt es schwer, diese aufrecht zu erhalten. Wir legen großen Wert auf Personalisierung, dazu gehört nicht nur die bestmögliche Anpassung unserer App auf die jeweiligen Bedürfnisse, sondern auch eine große Vielfalt an Trainingsoptionen und Bewegungsvarianten.

Daran arbeiten wir stetig, indem wir neue Trainingsprogramme, Übungen und Equipment integrieren und unsere KI weiter entwickeln. Unsere Vision ist, dass jeder Mensch so trainieren kann, wie er es möchte und damit die besten Erfolgschancen hat, die individuellen Fitnessziele zu erreichen und langfristig beizubehalten.

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Wenn Sie mehr zu „Medizin der Zukunft“ erfahren wollen, nutzen Sie den Download für mein Whitepaper:

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Herzlichst Ihr Gerd Wirtz
www.facebook.com/Dr.Gerd.Wirtz

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